Die Kooperation mit der Brüder-Grimm-Schule in Wiedenbrück begann im Sommer 2016. Bei der Stiftung angestellte pädagogische Fachkräfte – die Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen – bieten den Schüler:innen von der ersten Klasse an sozialpädagogische Begleitung. Das geschieht im Unterricht, in Klein- und Kleinstgruppen, aber auch außerhalb des Unterrichts. Sie leisten in enger Zusammenarbeit mit den Lehrkräften sowie dem gesamten multiprofessionellen Team der Schule einen wichtigen Beitrag zur positiven Lern- und Entwicklungsatmosphäre und somit zu mehr Chancengerechtigkeit.
Im Folgenden ist eine Auswahl von Projekten aufgeführt, die Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen angeboten werden:
Der Wechsel von der Kita in die Grundschule ist eine herausfordernde Entwicklungsaufgabe für die Kinder, an der sie wachsen können. Der Wechsel wirkt aber auch auf das familiäre Umfeld. Die Zeit des Übergangs von einem spielzentrierten zu einem lernzentrierten Umfeld ist für alle mit Abschied, Ungewissheit, vielleicht auch Angst und Sorge verbunden. Aber auch auch mit Neugier, Stolz, Vorfreude und Zuversicht.
Das Propjekt „Komm‘ in die Schule!“ richtet sich an Kinder im letzten Kindergartenjahr, also an die Fünf- bis Sechs-Jährigen, die nach den Sommerferien in die Schule kommen. Die Kinder aus den unterschiedlichen Kindertagesstätten sind eingeladen, an zwei Nachmittagen im Abstand von einer Woche zusammen mit ihren Eltern die Schule kennenzulernen. So lernen Kinder und Eltern schon vor dem Schuleintritt das Gebäude und wichtige Menschen der Schule kennen. Und umgekehrt kommen die Pädagog:innen auch schon in Kontakt mit den Kinder und ihren Eltern.
Nach einem gemeinsamen Anfang mit einem Begrüßungslied werden die Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die eine Gruppe mit einer Lehrer:in erste Lernspiele macht und die Situation in einem Klassenraum kennenlernt, entdeckt die andere Gruppe das Schulgebäude und -gelände. Dabei werden die Kinder von den Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen und der Sozialpädagogischen Fachkraft für den Schuleingangsbereich unterstützt.
Nach der Hälfte der Zeit wechseln die Gruppen. So lernen die Kinder über die zwei Wochen ihre Schule und wichtige Bezugspersonen kennen, spielen Vertrautes und lernen Neues. Parallel dazu haben die Eltern die Möglichkeit, ihre Fragen unter anderem an die Schulleitung, die Schulsozialarbeit, die Leitung des Offen Ganztags oder die Projektkoordination der Stiftung zu stellen. Ganz nebenbei entwickeln sich auch Kontakte unter den Eltern. Bei Kaffee und Tee werden Erfahrungen und Tipps zum bevorstehenden Schulbeginn ausgetauscht.
So bleibt der erste Schultag nach wie vor aufregend, aber Kinder und Eltern haben ein bisschen Sicherheit gewonnen, weil sie nun schon das Umfeld und die Akteure kennen.
Kindern mögliche Berührungsängste zu Tieren zu nehmen, ihnen den Umgang und Wissen über das Tier- und Naturschutz nahe zu vermitteln, ist die Intention der Tierschutz AG. Durch den direkten selbständigen Umgang mit den verschiedenen Tieren und ihrer Umgebung überwinden Kinder Ängste und Vorbehalte, entdecken eigene Stärken und entwickeln Mitgefühl für die Tiere. Das stärkt das Umweltbewusstsein.
Für ein Halbjahr und einmal pro Woche findet die „Tierschutz AG“ statt. Bis zu zehn Kinder der zweiten Klassen fahren nach dem Mittagessen in Begleitung von zwei Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen mit dem Bus unter anderem zum Schutzhof Four Seasons e.V.. Die Hofbesitzerin oder eine Mitarbeiter:in des Hofes versorgen die Kinder für zweieinhalb Stunden mit Wissen über die Tiere, ihre artgerechte Haltung, Pflege und den verantwortungsvollen Umgang mit ihnen.
Es gibt auf dem Gelände immer viel zu entdecken und zu erfahren:
Vervollständigt wird die AG durch Besuche bei der Tierhilfe Rheda-Wiedenbrück & Umgebung e.V. im Tierheim, dem Naturschutzbund oder einer tierärztlichen Praxis.
Kinder, die aus der Kita „Am Emssee“ in die Brüder-Grimm-Schule kommen kennen ihn schon: Lucky, den Therapiebegleithund, das „Glück auf vier Pfoten“ mit seinem Frauen Bettina Berken (Lern- und Entwicklungsbegleiterin). Ein Hund hat keine Erwartungen und kennt keine Vorurteile. Egal wie gut Kinder lernen können, Schulhunde vermitteln Kindern Anerkennung, Aufmerksamkeit, Nähe, Sicherheit und Geborgenheit. Sie sind vierbeinige „Co-Pädagogen“ und Lese- und Sprachförderer. Allein aufgrund von Luckys Anwesenheit sind die Kinder ruhiger, aufmerksamer, motivierter, weniger gestresst und es gibt seltener Auseinandersetzungen. Die Kinder lernen, Verantwortung zu tragen und Rücksicht zu nehmen, wenn sie sich um den Hund kümmern müssen.
Lucky und sein Frauchen, haben in der Schule eine Bezugsklasse. Dort sorgt Bettina Berken dafür, dass alle Kinder vor der ersten Begegnung mit dem Hund u.a. folgende Regeln für den Umgang mit ihm kennen:
In der Bezugsklasse ist Lucky sowohl aktiv als auch passiv im Einsatz. Er übernimmt vereinzelt Aufgaben und wird je nach Stundeninhalt mit in den Unterricht integriert. Lucky liebt es, neue Tricks oder „Kunststücke“ zu erlernen. Genauso wohl fühlt sich der Hund, wenn er einfach durch die Klasse läuft, bei dem ein oder anderen Kind verweilt und eine Streicheleinheit bekommt.
Luckys Einsatz wird immer mit Blick auf sein Wohlbefindens eingesetzt. So kann es auch vorkommen, dass Lucky sich eine Pause gönnt und sich in sein Kissen zurückzieht. Gelegentlich erhalten einzelne Kinder die Möglichkeit, einen Spaziergang mit Frau Berken und Lucky rund um die Schule zu machen. Dann ist Zeit zu zuhören und ins Gespräch zu kommen.
Lucky besucht im Laufe eines Schuljahres alle Klassen des 3. Jahrgangs für jeweils acht bis zehn Wochen, zwei Mal die Woche. Zusammen mit ihm und mit Unterstützung seines Frauchens können die Kinder einen Hundeführerschein machen. Dazu wird die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt. Im Wechsel werden die Gruppen einmal von der zuständigen Klassenleitung betreut und von Lucky, seinem Frauchen und dem Lern- und Entwicklungsbegleiter der Klasse.
So lernen die Kinder einerseits wichtige theoretische Fakten wie:
Andererseits wenden sie ganz praktisch im Umgang mit Lucky das erworbene Hundewissen an – u.a, mit
Der Wald ist ein idealer Ort zum Spielen, Entdecken, Erleben und Lernen. Hier können die Kinder ihrem Bewegungsdrang frei folgen, sich neue Spiele ohne viele Hilfsmittel ausdenken und erproben oder die vielfältige Flora und Fauna erkunden. Sie lernen die Natur als schützenswerten Raum kennen. Im Wald ergeben sich viele Herausforderungen, die ein vertrauensvolles und kooperatives Miteinander erfordern und so auch den Zusammenhalt stärken.
Mit einer Waldwoche im 1. Schuljahr schon kurz nach den Herbstfeiern startet das Waldprojekt. Jede Klasse geht mit der Klassenleitung, dem Lern- und Entwicklungsbeleiter sowie einer Sozialpädagogischen Fachkraft für die Schuleingangsphase in den Wald. Nach dieser Waldwoche gibt es alle sechs Wochen einen Waldtag für die ganze Klasse, um die Klassengemeinschaft zu fördern.
Ab der 2. Klasse gehen die Kinder nicht mehr klassenweise in den Wald. Um auch ein gutes Miteinander im Jahrgang zu erreichen, macht sich wöchentlich eine Gruppe von etwa 20 Kindern auf den Weg ins Stadtholz. Das Waldprojekt erstreckt sich über das ganze Schuljahr. Alle Schüler:innen verbringen so im dreiwöchigen Rhythmus einen Vormittag pro Woche mit zwei Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen im Wald. In der Schule entstehen dadurch zeitgleich kleinere Gruppen in den Klassen, die ein intensiveres Lernen ermöglichen.
Ein Vormittag im Wald kann so aussehen: Nach einer freien Spielphase trifft sich die Gruppe zum Frühstück. Danach stehen Aktivitäten wie das Suchen von Kleintieren am Waldboden, Bestimmen von Pflanzen oder das Bauen von Hütten und Tipis auf dem Programm. Der Wald wird im Wechsel der Jahreszeiten wahrgenommen. Die Inhalte des Waldtages halten die Kinder in Waldtagebüchern fest.
Das Waldprojekt ist inzwischen fester Bestandteil des Schulprogramms an der Brüder-Grimm-Schule und verbindet Inhalte des Sachunterrichts in Theorie und Praxis.
Theater gibt es in der Schule immer wieder. Aber Theater in seinem besten Sinn eröffnet schon in der Grundschule Erfahrungsräume und stärkt das Selbstbewusstsein. Kinder schlüpfen in für sie bisher unbekannte Rollen und probieren sich dabei aus. Sie sind dabei gefordert, sich in Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Beim Theaterspielen werden aber auch vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten für eigene Gefühle entwickelt und im Spiel kreativ und fantasievoll erprobt. In der gemeinsamen Erarbeitung eines Stückes erleben die Kinder Selbstwirksamkeit und demokratisches Handeln. Ab dem Schuljahr 2024/25 gibt es für alle Jahrgänge ein theaterpädagogisches Angebot.
Die Theatergruppe setzt sich aus Kindern der Klassen des 2. Jahrgangs zusammen. Jeweils vier Kinder aus jeder Klasse können teilnehmen. Geprobt wird einmal pro Woche für 45 Minuten. Es gibt keine Voraussetzungen, alle Kinder sind herzlich willkommen.
Schnell wächst die Gruppe zusammen. Erste Schauspielerfahrungen stehen auf dem Plan. Dabei kommt der ganze Körper zum Einsatz. Im Entstehungsprozess des Stückes spielt das Mitspracherecht der Kinder eine große Rolle. Hier gibt es immer wieder Ideensammlungen und demokratische Entscheidungsprozesse.
Die AG läuft ein Halbjahr, dann gibt es eine Aufführung für die Mitschüler:innen des Jahrgangs. Im zweiten Halbjahr dürfen nochmal neue Kinder zu einem „Theaterensemble“ zusammenwachsen. So kam schon ein Stück zur Aufführung, das das Bilderbuch „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte“ (Autor Martin Baltscheit) als Grundlage hatte.
Ca. 20 Kindern proben in der Theater AG von Beginn des zweiten Halbjahres in Klasse 3 bis zum Ende des ersten Halbjahres der Klasse 4, um dann zum Abschluss ein Theaterstück zur Aufführung zu bringen. Die AG findet in enger Kooperation zwischen Stiftung und Schule statt. Sie wird einer Lehrerin sowie einem Lern- und Entwicklungsbegleiter geleitet, die beide ausgebildete Theaterpädagog:innen sind.
Die Kinder werden stark in die Themenfindung und Gestaltung des Stückes eingebunden. Die individuelle Sichtweisen der Kinder stehen im Fokus, die dann durch Bewegung, Sprache, Mimik und Gestik szenisch umgesetzt werden. Hier findet jedes Kind seinen Platz auf der Bühne. Zur Teilnahme sind keine Voraussetzungen nötig.
Highlights sind neben dem Besuch der Schultheatertage in Gütersloh und einer Probe mit Übernachtung in der Schule natürlich die Aufführungen für Mitschüler:innen, Eltern und Interessierte.
Im Schulalltag kommt es immer wieder zu Streit und Auseinandersetzungen, beim Spielen in der Pause, bei der Bearbeitung gemeinsamer Aufgaben oder beim Gespräch über Lieblingssendungen unter Freund:innen. Damit Kinder lernen, diese Konflikte selbst zu klären und eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden ohne Erwachsene hinzuzuholen, unterstützen die Streitschlichter:innen ihre Mitschüler:innen. Streitschlichtung in der Grundschule heißt, dass unparteiische Schülerinnen und Schüler in Konfliktsituationen zwischen Kindern vermitteln und bei Streitereien und kleineren Konflikten schlichten.
Die Streitschlichter AG wird betreut von einer Lehrkraft und einem Lern- und Entwicklungsbegleiter. Ca. 20 Kinder der dritten Klassen nehmen teil. Sie treffen sich über ein halbes Jahr und lernen, wie sie unparteiisch und gewaltfrei anderen Kindern helfen können, ihre Konflikte zu lösen.
Dabei geben die fünf Phasen der Streitschlichtung einen Rahmen:
Rollenspiele und praktische Einsätze mit erfahrenen Streitschlichter:innen der 4. Klassen geben den Nachwuchs-Streitschlichter:innen Sicherheit für den Einsatz auf dem Schulhof. So unterstützen Kinder andere Kinder. Im Nachgang gibt es Reflexionsstunden.
Jedes Kind ist einzigartig mit all seinen Stärken, Unsicherheiten und Bedürfnissen. Die Kinder kommen täglich mit ihren individuellen Lern-, Beziehungs- und Lebenserfahrungen in die Schule, um zu lernen. Manchmal hindert sie etwas daran oder sie brauchen unabhängig von der Klassengemeinschaft Unterstützung. In diesem Fall können sich die Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen Zeit für einzelne Kinder nehmen.
Die Lern- und Entwicklungsbegleiter:innen kennen die Kinder ihrer Bezugsklassen in der Regel von der ersten Klasse an. Durch diese kontinuierliche Begleitung wissen sie um Stärken und Potentiale, aber auch um die persönlichen Herausforderungen der Kinder, was das Lernen und die sozial-emotionalen Bereiche angeht. Dies ist eine gute Voraussetzung, um mit den Kindern individuell zu arbeiten. Sei es, um dem Kind zu zuhören und herauszufinden, wie ihm gerade geholfen werden kann. Oder um noch mal in Ruhe die Aufgabe zu erklären und erste Lösungsschritte anzugehen.
Manchmal ist es auch nur wichtig, sich Zeit zu nehmen, um das Kind zu ermutigen. Diese Zeit nehmen sich die pädagogischen Fachkräfte der Stiftung bewusst – im Rahmen des Unterrichts, aber auch außerhalb des Unterrichts. Begleitend dazu finden auch Elterngespräche in Absprache mit dem Klassenteam statt, die die gemeinsame Unterstützung des Kindes zum Ziel haben.